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7. März 2019

Blog

Bahnausbau für die Zukunft

Die Bahn befindet sich mitten in einem gewaltigen Aufholprozess. Dies nützt dem Klima und im Kampf gegen die Zersiedelung.

Bahnhof Rapperswil SOB Seedamm Gleis 4 2011 03 21 18 25 40


Kaum 5 Jahre ist es her, seit mit der Finanzierungsvorlage Fabi eine ganz neue Finanzierungsgrundlage für die Bahnen geschaffen wurde. Alles verbunden mit einem ersten Ausbauschritt auf 2025. Es ist eine beachtliche Leistung, dass jetzt bereits der nächste Ausbauschritt beschlossen werden kann. Mit dem Zeithorizont 2035.

Diese Grossinvestitionen in die Bahn sind aber auch dringend nötig. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 50 bis 60 Milliarden in die Autobahnen investiert. Mit der Folge einer enormen Verkehrszunahme auf der Strasse. Die Bahn wurde regelrecht abgehängt. 

Jetzt sind wir mitten in einem gewaltigen Aufholprozess für die Bahn. Stichworte sind Bahn 2000, Taktfahrplan, Alpeninitiative mit dem Ziel, den alpenquerenden Transitgüterverkehr auf die Schiene zu bringen, das S-Bahnsystem. Aber wir sind noch längst nicht da, wo wir hinwollen.

Die Zukunft der Bahn wird durch die Investitionen in die Infrastruktur entschieden. Auch die S-Bahn Zürich ist ein prominentes Beispiel dafür. Die Bahninvestitionen prägen wie nichts Vergleichbares auch die räumliche Entwicklung. Die polyzentrische Schweiz wird unmittelbar durch die Bahn getaktet. Als Voraussetzung auch einer intelligenten Siedlungsentwicklung nach innen unter dem Stichwort «Proximität statt Mobilität». 

Eine neue Bedeutung gewinnt diese Vorlage durch die Notwendigkeit einer klimapolitischen Wende. Will man die CO2-Emissionen wirksam zurückdrängen, muss man in erster Linie beim Verkehr ansetzen. Und die Emissionen des Verkehrssektors stammen zu drei Vierteln aus dem privaten Strassenverkehr. 

Dabei geht es aber nicht nur um die Strasse, sondern auch um die Flüge. Letzte Woche konnten wir lesen, dass über 600‘000 Passagiere von Zürich nach Genf und umgekehrt fliegen. 

Klimapolitisch sind die Flüge nicht nur viel zu billig. Eigentlich müsste man sagen, dass Flüge in Kontinentaleuropa umweltpolitisch ein Unsinn sind. Damit die Bahn in Europa transnational wieder zu einer ernsthaften Konkurrentin wird, muss nicht nur bei den Preisen etwas passieren. Es braucht auch attraktive Verbindungen, wie wir sie beispielsweise nach Paris kennen. 

Sie erinnern sich vielleicht noch, wie das Interrail-Abo für eine ganze Generation Jugendlicher Europa geöffnet und erlebbar gemacht hat. Als ein Stück praktische Europapolitik. Die Voraussetzungen dafür, hier einen Neustart zu machen, als konkrete Politik gegen den Klimawandel, sind vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn wir die Weichen richtig stellen. Niemand soll auf das Reisen in Europa verzichten. Aber wenn immer möglich mit der Bahn.

Die grösste anstehende Veränderung auf dem internationalen Bahnnetz der Schweiz ist lange Jahrzehnte vernachlässige Strecke Zürich-München. Ab Ende 2020 wird die Fahrt nach München nur noch 3½ Stunden dauern. Minus eine Stunde. Das ist ein Quantensprung. Wenn das auch noch entsprechend vermarktet wird. Und weil der neue Sprinter von München bis Berlin über die Neubaustrecke nur noch 4 Stunden benötigt, muss es fahrplantechnisch möglich werden, Berlin von Zürich aus in knapp 8 Stunden zu erreichen. Niemand soll dann noch sagen, dass man nach Berlin nur fliegen kann. 

Ein Beitrag für diese neue Verbindung ist aber auch der letzte in der Schweiz noch fehlende Doppelspurabschnitt auf der ganzen internationalen West-Ost-Verbindung in Rorschach, die leider aus mir nicht verständlichen Gründen von einer Minderheit bekämpft wird. Nötig ist die durchgehende Doppelspur für die Fahrplanstabilität im Zielhorizont 2025-2030, weil sich dann stündlich eine internationale Verbindung mit zwei nationalen Fernverbindungen auf der Strecke Chur-St.Gallen und weiter nach Zürich kreuzen. Dazu kommt in der Perspektive ein Viertelstundentakt im Regionalverkehr. Bei dieser Ausgangslage braucht es für die Fahrplanstabilität die durchgehende Doppelspur. 

Positiv zu werten ist, dass die Botschaft für St.Gallen endlich das Ziel des Vollknotens definiert. Mit dem Vollknoten St.Gallen käme Bahn 2000 dann endgültig auch in der Ostschweiz an. Mit allen Vorteilen auch für die Feinerschliessung durch den Regionalverkehr. Konkret den Viertelstundentakt im S-Bahnsystem. 

Die bisherigen Konzepte für die Realisierung des Vollknotens sind allerdings noch nicht dort, wo sie mittelfristig sein müssten. Denn nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen kann die Fahrzeit von unter einer Stunde zwischen Zürich und St.Gallen nur erreicht werden, wenn der Flughafen umfahren wird. Oder eine suboptimale Fahrlage Richtung Westen in Kauf genommen wird. Der neue St.Galler Sprinter, der schon eine grosse Errungenschaft ist, braucht für die Strecke Zürich-St.Gallen unter Einschluss des Flughafens nur noch 1 Stunde und 2 Minuten. Es fehlen auf dieser Strecke also nur noch wenige Minuten für die Erreichung des Ziels. Wir erwarten die rasche Inangriffnahme eines Korridorrahmenplans vor allem auf der Strecke Winterthur St.Gallen. Es muss möglich sein, mit vernünftigen Mittel die noch nötige Beschleunigung zu erreichen. Die Resultate müssen rechtzeitig für den nächsten Ausbauschritt vorliegen. 

Positiv ist für die Nordostschweiz schliesslich, dass mit der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke eine attraktive Verbindung von Basel über Schaffhausen und Konstanz nach St.Gallen entsteht.


Bild: Roland zh, Wikimedia