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19. Mai 2019

Blog

Schwarze Zahlen in der AHV für bessere Renten

Mit dem Ja zur Zusatzfinanzierung bei der AHV wird es Zeit, eine neue Debatte über sozialen Fortschritt zu eröffnen.



Mit dem Ja zur AHV-/Steuervorlage bekommt die AHV erstmals seit Jahrzehnten eine substanzielle Zusatzfinanzierung. Sie verschafft unserem wichtigsten Sozialwerk auf Jahre hinaus Luft. Das Ja zu den AHV-Milliarden ist zugleich eine Absage an jene Bürgerlichen und Grünliberalen, die eine AHV-Finanzierung an die Bedingung knüpfen wollten, dass die Bevölkerung gleichzeitig mit einem höheren Rentenalter geplagt worden wäre. 

Kaum 20 Monate ist es her, seit das Projekt «Altersvorsorge 2020» an der Urne knapp scheiterte. In erster Linie am massiven Widerstand der Rechtsparteien und der Wirtschaftsverbände. Mit der paradoxen Folge, dass sie damit auch eine schrittweise Heraufsetzung des Frauenrentenalters und eine Anpassung der Umwandlungssätze bei den Pensionskassen verhinderten. Die Rechtsparteien und der Wirtschaftsverbände wandten sich mit ihrer Kampagne vor allem gegen die erstmalige Verbesserung der AHV-Renten seit 40 Jahren. Sie bezeichneten sie diese als ungerecht, weil die heutigen Rentner nichts bekämen. «Rentner bestrafen» lautete ihre polemische Parole in der Nein-Kampagne; dabei waren es die Rechtsparteien im Parlament, die Rentenverbesserungen für die heutigen Rentner abgelehnt hatten.

20 Monate nach «Altersvorsorge 2020» kann eine erste Zwischenbilanz gezogen werden. Früher als erwartet ist die längst fällige Zusatzfinanzierung für die AHV Realität geworden. Und dies mit einem Modell, das noch vor kurzem bei den Mehrheitsverhältnissen im Parlament undenkbar gewesen wäre. Die Kombination von Bundesmitteln und Lohnpromillen ist ein effizientes und zudem sozial höchst gerechtes Finanzierungsmodell, das gerade unter sozialen Aspekten deutlich besser abschneidet als die ursprünglich vorgesehene Mehrwertsteuerfinanzierung.

Und ein zweiter wichtiger Fortschritt, der in der Vorlage «Altersvorsorge 2020» vorgesehen war, befindet sich auf dem Weg zur Realisierung: Die Weiterversicherung von Leuten, die ab 58 Jahren ihre Stelle verlieren, in der bisherigen Pensionskasse. Dieses Recht auf Weiterversicherung ist nun Teil der im März verabschiedeten Reform der Ergänzungsleistungen, gegen die kein Referendum ergriffen worden ist. Zusammen mit dem Projekt für eine Uebergangsrente für Ausgesteuerte ab 60, das vom Bundesrat letzte Woche angekündigt worden ist, werden die grossen Probleme älterer Arbeitnehmender bei einem Stellenverlust endlich ernst genommen. Das sind wichtige sozialpolitische Erfolge in schwierigen Zeiten.

Mit der Zusatzfinanzierung für die AHV hat sich aber auch die Ausgangslage für eine kommende Reform der Altersvorsorge fundamental verändert. Schwarze statt rote Zahlen bei der AHV sind der berühmte «Unterschied ums Ganze». Rote Zahlen sind Gift für eine vernünftige AHV-Politik. Mit schwarzen Zahlen kann eine soziale Reform in Angriff genommen werden, die diesen Namen verdient.

Zum Thema werden muss vor allem die Höhe der AHV-Renten, wo sich zu lange nichts mehr Positives bewegt hat. Bei sinkenden Renten in der zweiten Säule ist eine Anpassung der AHV-Renten das Gebot der Stunde. Mehrheiten dafür sind weniger weit weg als manche denken. Vor allem dann, wenn auch die heutigen Rentnerinnen und Rentner einbezogen werden. Vor knapp drei Jahren hat die Volksinitiative AHVplus an der Urne über 40% Ja-Stimmen erreicht. Beim Reformpaket „Altersvorsorge 2020“ haben ein Jahr später bereits über 47% einer Verbesserung der Renten zugestimmt. 

Mit dem Ja zur Zusatzfinanzierung bei der AHV wird es Zeit, eine neue Debatte über sozialen Fortschritt zu eröffnen. Nach den Wahlen im Herbst muss eine neue Etappe nicht nur in der Klimapolitik, sondern auch in der Rentenpolitik eingeleitet werden.