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18. November 2018

Blog

Cassis ist ein Risiko für die Schweiz

Am Dienstag hat der EU-Gerichtshof wesentliche Teile des österreichischen Lohnschutzes für ungültig erklärt. Jetzt müsste es auch Bundesrat Cassis kapieren.

 


Seit Tagen erleben wir jetzt wieder einen Aussenminister Cassis, der Mal um Mal zur Preisgabe des schweizerischen Lohnschutzes gegenüber der EU-Kommission auffordert. Besonders extrem in einem Interview in der «Republik». Hier sind dem freisinnigen Bundesrat offensichtlich alle Sicherungen durchgebrannt.

Erinnern wir uns: Fünf Jahre lang, seit die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU begannen, hat die Schweiz den Schutz der Löhne als rote Linie definiert. Mitte Juni dieses Jahres begann Aussenminister Cassis mit seinen Attacken gegen den schweizerischen Lohnschutz. Im Verbund mit Chefunterhändler Balzaretti und Wirtschaftsminister Schneider-Ammann. Und immer wieder liefen sie mit ihren Attacken auf. Der schweizerische Lohnschutz ist nicht verhandelbar. 

Wo sie Gelegenheit dazu haben, behaupten die freisinnigen Bundesräte und ihre politischen Adlaten nichtsdestotrotz, der Lohnschutz der EU sei mit dem schweizerischen vergleichbar. Wenn der EU-Lohnschutz tatsächlich gleich gut wäre wie derjenige der Schweiz: Weshalb wollen sie dann wesentliche Teile unseres erfolgreichen Schutzsystems herunterfahren, mit dem erklärten Zweck, den Marktzugang für EU-Firmen zu erleichtern? Auf diese einfache Frage haben die Lohnschutz-Ausverkäufer keine Antwort. 

Wer dennoch entgegen aller Evidenz geneigt war, diesen Behauptungen Glauben zu schenken, muss seine Illusionen spätestens seit letztem Dienstag begraben: Der Europäische Gerichtshof EuGH (nicht zu verwechseln mit dem Gerichtshof für Menschenrechte!) hat wesentliche Teile des österreichischen Lohnschutzes als ungültig erklärt. Einmal mehr hat das Gericht die Marktfreiheiten eines Lohndumping betreibenden slowenischen Bauunternehmers höher gewertet als den sozialen Schutz der arbeitenden Bevölkerung. Dabei ist das österreichische System viel weniger hart als dasjenige der Schweiz!

Entweder kapieren jetzt auch Bundesrat Cassis und Chefunterhändler Balzaretti, dass die rote Linie des Bundesrates beim Lohnschutz auch inhaltlich sehr gute Gründe hat. Und vertreten endlich wieder die Position der Schweiz statt den Lohnschutz schlecht zu reden. Oder aber sie werden für die Schweiz definitiv zum Grossrisiko. Wer kann sich noch wundern, wenn die EU-Kommission beim Lohnschutz der Schweiz gegenüber kompromisslos auftritt, wenn unser Aussenminister und die federführenden Staatssekretäre immer wieder deutlich machen, dass sie in dieser Frage auf Seiten der EU-Kommission sind? Statt die Linie des Bundesrats zu vertreten.

Der wirksame schweizerische Lohnschutz – eigenständig und nichtdiskriminierend ausgestaltet – ist kein Hindernis, sondern die Voraussetzung für die Fortsetzung des bilateralen Wegs. Das war in der Vergangenheit so. Und es wird in Zukunft nicht anders sein. Die Eskapaden des Aussenministers werden daran nichts ändern.