Der Saal war überfüllt am Montagabend, als Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Klima-Podium in der St.Galler Lokremise sprach. Das enorme Interesse dokumentierte, wie viel in kurzer Zeit in Bewegung gekommen ist. Nur zwei Tage später verschärfte der Bundesrat das Klimaziel auf der Basis der Forderungen der Gletscherinitiative: netto Null bis 2050. Ohne die streikende Klimajugend wäre das alles nicht möglich geworden. Aber bei den Massnahmen stehen wir noch am Anfang. Der nächste Schritt ist die Debatte über das vom Nationalrat versenkte CO2-Gesetz im Ständerat.
Am Dienstag nahm ich an Strassenaktionen in Wil und Flawil teil. Einmal mehr zeigte sich, dass persönliche Begegnungen durch nichts ersetzt werden können.
Ob Pflegefachfrau, Handwerker oder Bankangestellte: Mit der Wertschätzung der Menschen an der Arbeitsstelle ist es manchenorts nicht weit her. Ein Uhrmacher erzählte etwa, dass kürzlich vierzig Jahre Betriebstreue weder einen Dank noch eine Anerkennung wert waren.
Ein junger Informatiker zeigte anschaulich, welche unglaublichen Datenmengen wir ständig preisgeben, wenn wir das Smartphone benützen. Er hegte Zweifel, dass Gesetze hier überhaupt noch etwas ausrichten können.
Und wiederholt traf ich Leute, die nach einer Scheidung trotz langer Berufstätigkeit plötzlich vor einer sehr knappen Rente stehen.
Die massiv sinkenden Renten der Pensionskassen waren diese Woche auch wieder ein Thema in den Medien. Geschäftemacher wie Comparis oder das VZ Vermögenszentrum empfahlen als Lösung aber wieder nichts anderes als privates Sparen. Und der Bundesrat versteift sich einmal mehr auf die wiederholt gescheiterte Heraufsetzung des AHV-Alters der Frauen. Dass bessere Renten kostengünstig nur über leistungsfähige Sozialversicherungen wie die AHV erreicht werden können, wird ausgeblendet.
Die Stunden auf der Strasse zeigen, dass die sozialen Fragen weit akuter sind als in den Medien derzeit thematisiert wird. Hier wie beim Klima werden die Weichen mit den Wahlen gestellt.