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5. Februar 2015

Blog

Der Franken muss uns nützen

Die Nationalbank SNB muss den Frankenkurs wieder unter Kontrolle bringen.

Fuenfliber 364

Der Entscheid der Nationalbank vom 15. Januar 2015 droht für die Schweiz und ihre Volkswirtschaft zur grössten wirtschaftspolitischen Fehlleistung seit Jahrzehnten zu werden. Ohne dass dies durch reale wirtschaftliche Daten irgendwie zu begründen gewesen wäre, wurde durch die Aufgabe des Mindestkurses auf einen Schlag eine Überbewertung des Frankens von rund 25% herbeigeführt. Der Währungsschock bedroht Arbeitsplätze, Löhne und ganze Industriezweige.

 Bleibt der Frankenkurs dermassen ausser Kontrolle, drohen jetzt statt einer wirtschaftlich positiven Entwicklung verbunden mit dem Abbau der immer noch zu hohen Arbeitslosigkeit eine Deflation – und damit eine durch die Nationalbank selber herbeigeführte Krise. Beides widerspricht dem Auftrag der Nationalbank diametral. Diese hat nach Gesetz nämlich die Aufgabe, eine Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei die konjunkturelle Entwicklung zu berücksichtigen.

Die Krisengewinnler

Allen, die den Tatsachen ins Auge sehen, ist klar, dass sich Wechselkursprobleme wirksam nur durch Massnahmen beim Wechselkurs selber bekämpfen lassen. Alles andere sind Scheinlösungen oder Ablenkungsmanöver. Nach dem Schock dauerte es allerdings nicht lange, bis die ersten politischen Währungskrisen-Gewinnler auf den Plan traten. Statt die Ursache der Probleme, nämlich den ausser Kontrolle geratenen Wechselkurs, zu benennen, wird die starke Überbewertung des Frankens jetzt dazu benützt, neoliberale Wunschprogramme und den Abbau sozialer Errungenschaften auf dem Buckel der Bevölkerung zu propagieren. Es ist doch grotesk, dass wegen des überbewerteten Frankens an den Schweizer Lohnabhängigen die verfehlten Rezepte des Lohndrucks und des Abbaus sozialer Errungenschaften durchexerziert werden sollen, unter denen bei ganz anderen Voraussetzungen die Bevölkerungen der südeuropäischen Länder zu leiden hatten.

Verantwortungslos ist aber nicht nur die Haltung der politischen Währungskrisen-Gewinnler. Verantwortungslos handeln auch jene Verantwortungsträger, die sich mit der krassen Überbewertung des Frankens einfach abfinden oder behaupten, dass dagegen sowieso nichts unternommen werden könne. Das Ergebnis des politischen Fatalismus wäre nichts anderes, als dass ganze Industrien und Wirtschaftszweige mit Zehntausenden von Arbeitsplätzen einfach der sehr stark überbewerteten Währung geopfert würden. Die Schweizer Industrie hat sich gegen alle Untergangspropheten seit den neunziger Jahren unter schwierigen Bedingungen behauptet und ist hoch produktiv und weltmarktfähig. Dies dank qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden. Eine Nationalbank, die mit ihrer Währungspolitik den Untergang von wichtigen Teilen der Schweizer Wirtschaft in Kauf nimmt, versagt bei ihrem Grundauftrag.

Verantwortungslos wäre schliesslich eine fatalistische Haltung gegenüber dem drohenden massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit. Es ist kurzsichtig anzunehmen, dass währungsbedingte Einbrüche in der Exportwirtschaft und der Hotellerie über Arbeitsplatz- und Kaufkraftverluste nicht auf die Binnenwirtschaft durchschlagen würden. Wer aber eine ausschliesslich währungsbedingte Wirtschaftskrise mit der darauf folgenden hohen Arbeitslosigkeit einfach in Kauf nimmt, der muss sich Rechenschaft über die dadurch verursachte Zerstörung von wirtschaftlich wertvollem Knowhow und Erfahrung und über das gewaltige soziale Leiden geben, das dadurch für die Betroffenen, ihre Familien und letztlich die ganze Gesellschaft verursacht wird.

Kurs unter Kontrolle bringen

Wenn aber Wechselkursprobleme wirksam nicht anders bekämpft werden können als über den Wechselkurs selber, dann muss die Nationalbank den Frankenkurs wieder unter Kontrolle bringen. Die Schweiz kannte seit 1978 mit Ausnahme der Phase 2010/2011 immer eine explizite oder implizite Franken-Untergrenze. Auch 2010/2011 wurde hartnäckig behauptet, die Wiedereinführung eines Mindestkurses sei unmöglich oder unrealistisch. Bis im Sommer 2011 nicht mehr nur die Gewerkschaften, sondern auch wichtige Teile der Industrie einen neuen Mindestkurs forderten. Angesichts des viel stärkeren und präzedenzlosen Währungsschocks vom 15. Januar 2015 erträgt es bis zu einer neuen Wende der Nationalbank dieses Mal keine Wartefrist von mehr als einem Jahr.

Wenn die Schweiz mit dem Franken über eine eigene Währung verfügt, dann müssen die zuständigen Instanzen dafür sorgen, dass diese Währung der Wirtschaft und der Bevölkerung nützt statt ihnen zu schaden. Es gibt weltweit keine vergleichbare offene Volkswirtschaft, die ihre Währung völlig ungeschützt den Devisenspekulationen aussetzen würde. Eine Währung ist kein Selbstzweck. Sie muss den Landesinteressen dienen.

Lohnsenkungen nicht tragbar

Die Gewerkschaften verlangen somit, dass die Nationalbank den Franken wieder auf ein tragbares Niveau bringt, zum Beispiel in Form eines neuen Mindestkurses, das Planungssicherheit schafft und die Wirtschaft und die Arbeitsplätze schützt. Und sie verteidigen die Löhne und Arbeitsbedingungen. Bei der grossen Mehrheit der Beschäftigten mit unteren und mittleren Löhnen erträgt es keine Lohnsenkungen. Eurolöhne sind illegal, denn das Währungsrisiko darf nicht auf die Lohnabhängigen überwälzt werden. In der Schweiz müssen Schweizer Löhne bezahlt werden. Der Bundesrat muss das klar machen.

Gefragt sind nach dem fatalen 15. Januar 2015 somit wirtschaftspolitische Vernunft und verantwortungsvollesHandeln im Interesse der Volkswirtschaft, statt die Wirtschaft und die Bevölkerung unter der stark überbewerteten Währung leiden zu lassen. In der Pflicht steht nicht nur die Nationalbank, sondern auch der Bundesrat.